07. Nov. 2024

Schon wieder passiert?!: Riskante Quick-Wins (Teil 2)

Schon wieder in die Falle getappt und vermeintlich einfachen Lösungen und Quick-Wins auf den Leim gegangen? Eigentlich sollte man es mittlerweile besser wissen, denkt man sich – ob als Einzelperson, Team oder Organisation. Wahrscheinlich hat man es mit einem systemischen Muster zu tun, das es aufzudecken gilt, um seine Wirkweise zu verstehen und um Ausbruchsmöglichkeiten aus einem solchen Teufelskreis zu entdecken.
2024 Marc Riedinger

Autor:in

Marc Riedinger

2024 Schon Wieder passiert Teil 2

Was sind systemische Muster?

Systemische Muster (oder auch Systems Archetypes) gehen auf den Organisationsentwickler und MIT-Professor Peter Senge zurück. Sie beschreiben häufig beobachtetes Verhalten, das sich auf verschiedenste Kontexte übertragen lässt.  

Das Besondere daran: Die Beschreibungen machen Struktur und Dynamik dieser Teufelskreise sichtbar. Dadurch lässt sich nicht nur besser verstehen, wie ein wiederholtes Verhalten zustande kommt, sondern auch wie es sich über Zeit verhält und verändern lässt. 

Fixes that Fail: Das Muster, das aus Lösungen neue Probleme schafft 

„Fixes that Fail“ beschreibt eine Situation, in der kurzfristige Lösungen für ein Problem gefunden werden, die aber langfristig neue, oft größere Probleme verursachen. Diese „Reparaturen“ oder auch vermeintliche Quick-Wins wirken auf den ersten Blick verlockend, da sie eine schnelle Linderung der Symptome eines Problems versprechen. Doch durch die Missachtung der tieferliegenden Ursachen treten langfristig noch gravierendere Probleme auf. 

Ein konkretes Beispiel für kurzfristige Lösungen

Ein Softwareunternehmen setzt seine Mitarbeitenden unter Druck, um Fehler schnell zu beheben. Kurzfristig sinken die Fehlerraten, doch langfristig entstehen neue Bugs, da die Qualität der Arbeit unter dem Zeitdruck leidet. Der anfängliche „Erfolg“ kehrt sich in langfristige Schäden um. 

Diese Dynamik ist strukturell ähnlich zur Situation einer Person, die akuten Frust mit Alkohol lindert und durch ständiges Wiederholen im Laufe der Zeit alkoholabhängig wird. Auch hier erzeugt das Mittel zur schnellen Schmerzlinderung ein langfristig schwerwiegenderes Problem. 

Dieses drastische Beispiel zeigt die Macht unerkannter Fixes that Fail-Szenarios, soll aber natürlich weder eine individuelle Sucht-Erkrankung erklären oder gar beheben helfen. Die systemischen Muster beschreiben lediglich Struktur und Dynamik wiederholt auftretenden Verhaltens. Abhängigkeit ist allerdings eine häufige unerwünschte Nebenwirkung in Fixes that Fail-Situationen. 

Wie passiert das? 

In einer Fixes that Fail-Situation verlangt ein Problemsymptom laut und deutlich nach einer schnellen Lösung. Schnell wird auch eine Lösung implementiert, die das Symptom reduziert. Nach einiger Zeit erst wird erkennbar, dass die Symptomlösung Nebenwirkungen hat, die sich auf die Ausgangssituation bzw. auf das tieferliegende Problem negativ auswirken. Im Laufe der Zeit dann kehrt das Problemsymptom auf sein ursprüngliches Niveau zurück oder wird gar schlimmer als zuvor. 

Besonders kritisch ist die Zeit, die zwischen Symptomlinderung und dem Eintreten der unerwünschten Nebenwirkungen vergeht, die das Problem vergrößern. Diese Verzögerung kann so groß sein, dass Sie die Verschlimmerung des Problems nicht mehr als Nebenwirkung der Symptomlösung erkennen und kaum adäquat auf sie reagieren können. Dann kann aus einem Teufelskreis echtes Chaos entstehen. 

Wie lässt sich das Muster kurzfristiger Lösungen durchbrechen? 

Der entscheidende Schritt, um effektiv mit einem Fixes that Fail-Szenario umzugehen, ist klar zwischen Symptom und zugrunde liegendem Problem unterscheiden zu können. Das ist eine Voraussetzung dafür, um bewusst ein Symptom zu lindern oder ein Problem zu lösen. 

Im Idealfall widmen Sie sich gleich der Ursachenanalyse, um zu verstehen, warum Fehler und Symptome überhaupt entstehen, bspw. Überlast oder unklare Anforderungen. 

Beobachten Sie Lösungen zur Linderung von Symptomen und Problemen genau auf mögliche Nebenwirkungen, die auch nach langer Zeit oder an überraschender Stelle auftreten können. Dann können Sie auch mit diesen effektiv umgehen. 

Und wenn Sie sich in einer festsitzenden Abhängigkeitsdynamik befinden, die auch auf der Ebene von Teams und ganzen Organisationen auftreten kann, hilft oft nur eine entsprechend geschulte Unterstützung von außen. Gerade bei diesem Archetyp gilt: Die Dynamik ist nur aufzuhalten, wenn das Muster durchbrochen wird. Andernfalls wird die Situation zunehmend gravierender. 

Wenn Sie kurz darüber nachdenken: Wann haben Sie zuletzt Fixes that Fails erlebt? Und wie sind Sie damit umgegangen? 

Marc Riedinger

Principal
Transformation und Organisationsberatung
Marc Riedinger Raute