10. Juli 2025
So können Transformationen in Unternehmen gelingen

Die Antwort liegt oft nicht an der Oberfläche – sondern tief darunter, verborgen wie der Großteil eines Eisbergs.
Als Executive Coach und Organisationsberater beobachte ich immer wieder, wie Unternehmen sich auf die sichtbaren Aspekte der Organisationskultur konzentrieren, während die eigentlichen Treiber des Verhaltens und der Widerstände gegen Veränderungen unsichtbar bleiben. Genau hier setzt das systemische Eisberg-Modell an, ein einfaches und wertvolles Werkzeug, um die Komplexität von Unternehmenskulturen zu entschlüsseln und nachhaltige Transformationen zu ermöglichen.
Was der Eisberg uns über Organisationen verrät
Stellen Sie sich vor, Ihre Organisation ist ein Eisberg. Nur ein kleiner Teil – etwa 10-20% – ist sichtbar: das sind die Events (beobachtbare Verhaltensweisen, Ergebnisse). Wir sehen einzelne Vorfälle, die uns aufhorchen lassen. Doch die wahre Macht und das Potenzial für Veränderung liegen im Verborgenen.
Das Eisberg-Modell, maßgeblich geprägt durch die wegweisende Arbeit von Edgar H. Schein, offenbart vier entscheidende Ebenen, die untrennbar miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen:
- Events (sichtbar): Einzelne Handlungen und Ergebnisse. Ein Meeting, das immer wieder ergebnislos endet. Ein Projekt, das stets über Budget läuft. Dies sind die Symptome, aber selten die Wurzel des Problems.
- Muster & Trends (teilweise sichtbar/erkennbar): Wiederkehrende Events bilden Muster. Wenn Meetings regelmäßig ineffektiv sind, ist das ein Muster. Die Erkenntnis von Mustern erlaubt uns, zukünftiges Verhalten zu prognostizieren – und hier beginnt das strategische Umdenken.
- Strukturen (unter der Oberfläche): Diese Ebene umfasst die formellen und informellen Gegebenheiten, die Muster ermöglichen und verstärken: Hierarchien, Prozesse, aber auch soziale Beziehungen und ungeschriebene Regeln. Viele Transformationsprojekte setzen hier an, ändern Organigramme oder führen neue Software ein. Doch das ist oft nur die halbe Miete.
- Mentale Modelle / DNA (tief im Verborgenen): Dies ist die fundamentale Ebene – die kollektiven Annahmen, Werte, Überzeugungen und Denkweisen, die die Strukturen geformt haben und das gesamte Organisationsverhalten steuern. Es ist die "DNA" Ihrer Kultur. Hier liegt die Quelle von Widerstand, aber auch das größte Potenzial für echte, tiefgreifende Veränderung.
Warum strukturelle Anpassungen allein oft ins Leere laufen
Ein klassisches Dilemma: Eine Organisation beschließt, agiler zu werden. Hierarchien werden flacher, agile Methoden eingeführt. Doch nach einigen Monaten stellt man fest, dass die alte "Befehl-und-Kontrolle"-Mentalität in subtiler Weise fortbesteht. Mitarbeitende warten auf Anweisungen "von oben", anstatt Eigenverantwortung zu übernehmen.
Dieses Phänomen ist ein Paradebeispiel dafür, wie mentale Modelle die Wirkung von Strukturveränderungenuntergraben können. Wenn die tief verwurzelten Überzeugungen der Mitarbeitenden – etwa, dass Entscheidungen immer von Führungskräften getroffen werden müssen – nicht mitentwickelt werden, dann wird die Organisation unbewusst versuchen, die alten Muster zu reproduzieren. Die DNA sendet weiterhin den "alten Bauplan" aus.
Die Zusammenhänge sind klar:
- Events bilden Muster, die wiederum das Einzelverhalten beeinflussen.
- Muster werden von Strukturen beeinflusst und wirken auf deren Effektivität.
- Strukturen sind ein Ausdruck mentaler Modelle.
- Mentale Modelle bilden den grundlegenden Bauplan, der alle Strukturen und Verhaltensweisen der Organisation prägt.
Eine gesunde, harmonische Unternehmenskultur ist erlebbar, wenn alle Ebenen des Eisbergs im Einklang sind. Wenn die Strukturen die gelebten Werte widerspiegeln und die Mitarbeitenden diese Werte teilen und entsprechend handeln.
Mein Ansatz für die Arbeit mit dem Eisberg-Modell
Als Experte für Executive Coaching und systemische Organisationsentwicklung hat sich für mich eine Vorgehensweise bewährt, die auch Ihnen helfen kann, diese unsichtbaren Kräfte zu entschlüsseln:
- Von den Events zu den Mustern: Ich beginne mit dem, was sichtbar ist – Gesprächen, Anekdoten, Dokumenten. Aus dieser Fülle an Einzelinformationen destilliere ich erste Muster. Was wiederholt sich? Wo zeigen sich wiederkehrende Herausforderungen?
- Muster entschlüsseln und Trends erkennen: Diese Muster analysiere ich auf ihre Dynamik und ihren Einfluss hin. Gibt es erkennbare Trends über die Zeit? Welche Prognosen ergeben sich daraus für die Zukunft?
- Strukturen beleuchten: Nun widmen wir uns den organisatorischen Strukturen. Welche Prozesse, Hierarchien oder informellen Netzwerke ermöglichen oder verstärken diese Muster? Wo liegen hier potenzielle Engpässe oder Ursprünge unerwünschter Entwicklungen?
- Die DNA ergründen (gemeinsam): Der tiefste und zugleich sensibelste Schritt ist die Annäherung an die mentalen Modelle. Dies geschieht in einem kollaborativen Prozess mit den Beteiligten, oft durch die Arbeit mit Sprache und Metaphern. Es geht darum zu verstehen, welche unbewussten Annahmen das Denken und Handeln der Organisation prägen und wie gut die oberen Ebenen mit dieser "DNA" harmonieren.
Dieser Prozess ermöglicht es uns, die tatsächliche Ursprungsebene des Problems zu identifizieren und dort anzusetzen, wo die nachhaltigste Veränderung möglich ist. Es ist eine Reise in die Tiefe, die Offenheit und gemeinsame Reflexion erfordert, da eindeutige Aussagen in diesen Tiefen schwieriger werden. Doch genau hierin liegt der Schlüssel zur Vermeidung unerwünschter Nebeneffekte und zu einer nachhaltigen Veränderung.
Wie gehen Sie mit den unsichtbaren Aspekten Ihrer Unternehmenskultur um? Kontaktieren Sie mich gerne für ein unverbindliches Erstgespräch.