09. Okt. 2025

Das TROPICS-Modell: ein Navigationssystem für erfolgreichen Change

Größere Veränderungen in Unternehmen, bspw. eine Restrukturierung oder eine neue strategische Ausrichtung, stehen vor einem riesigen Berg an Unsicherheit. Ist es wirklich das richtige Ziel, das wir anstreben? Wie groß ist der Change tatsächlich? Und machen unsere Mitarbeitenden dabei mit? 
2024 Marc Riedinger

Autor:in

Marc Riedinger

Change TROPICS

Größere Veränderungen in Unternehmen, bspw. eine Restrukturierung oder eine neue strategische Ausrichtung, stehen vor einem riesigen Berg an Unsicherheit. Ist es wirklich das richtige Ziel, das wir anstreben? Wie groß ist der Change tatsächlich? Und machen unsere Mitarbeitenden dabei mit? 

Vor allem aber steht eine Frage im Fokus: Haben wir alle Aspekte bedacht und nichts übersehen? 

Viele Transformationsprojekte scheitern an mangelnder Vorbereitung und fehlender Einbindung der Menschen. Als Richtgröße wird dabei oft 70% in Change-Management-Kreisen genannt, auch wenn diese Zahl eher auf Einschätzungen als auf belastbarer Evidenz beruht. Sicher ist aber, dass Zukunft unsicher ist. Und je mehr Ungewissheit wir im Vorfeld und Verlauf einer Veränderung ausräumen können, desto mehr Kapazität bleibt übrig, um uns auf die Restunsicherheiten zu konzentrieren.  

Hier kann das TROPICS-Modell helfen, entwickelt von Colin Carnall. Es unterstützt Führungskräfte und Change Agents dabei, die wichtigsten Stellschrauben einer Veränderung systematisch zu analysieren – bevor es losgeht. Es hilft, Struktur in die Komplexität zu bringen und sogenannte „weiche“ Faktoren sichtbar zu machen, die über Erfolg oder Misserfolg einer Veränderung entscheiden können. 

TROPICS – Ein Kompass im Change Management 

TROPICS benennt sieben Themenfelder, die es zu analysieren gilt. Diese sind: 

  • T – Time Scales: Wie viel Zeit bleibt für die Veränderung? Ist der Zeithorizont realistisch – oder droht Überforderung? 
  • R – Resources: Sind die nötigen Mittel (Personal, Budget, Know-how) vorhanden? Wo gibt es Engpässe? 
  • O – Objectives: Sind die Ziele klar, messbar und für alle verständlich? Gibt es Zielkonflikte? 
  • P – Perceptions: Wie wird die Veränderung wahrgenommen? Welche Ängste, Widerstände oder Hoffnungen gibt es? 
  • I – Interest: Welche Interessen verfolgen die Stakeholder und gibt es Interessenskonflikte – offen oder verdeckt? Anders formuliert: Wer gewinnt und wer verliert? 
  • C – Control: Wer steuert den Prozess? Wie ist die Macht verteilt? Wo drohen Blockaden? 
  • S – Source: Woher kommt der Veränderungsimpuls – intern oder extern? Wie wird er kommuniziert? 

Wenn Sie beim Lesen dieser Themen- und Fragestellungen einen Change-Prozess mitdenken, den Sie erlebt oder mitgestaltet haben, dann wird vermutlich deutlich, wie umfangreich eine solche Betrachtung werden kann – trotz des vielleicht simpel erscheinenden Akronyms. 

Die Methode lässt sich aber nicht nur für detaillierte Analysen nutzen, sondern auch co-kreativ, bspw. als Bestandteil eines Kickoff-Workshops, wenn über eine Veränderung der Organisation nachgedacht wird. 

Ein Beispiel-Szenario: IT-Modernisierung im Mittelstand 

Nehmen wir an, ein mittelständisches Unternehmen möchte seine IT-Landschaft umfassend modernisieren, was auch zu Änderungen von Arbeitsabläufen führen würde, auf die sich die Mitarbeitenden einlassen müssten. 

Nehmen wir weiter an, dass das Projektteam seinen Kickoff-Workshop mit dem TROPICS-Modell strukturieren würde. Vielleicht könnten sie dann schnell typische Probleme identifizieren, wie: 

  • Die Zeitplanung ist zu ambitioniert (T). 
  • IT-Ressourcen sind knapp (R). 
  • Die Ziele sind für die Fachbereiche nicht verständlich (O). 
  • Viele Mitarbeitende fühlen sich übergangen (P). 
  • Die Interessen der Geschäftsführung und der IT-Abteilung gehen auseinander (I). 
  • Die Entscheidungswege sind noch unklar (C). 
  • Der Druck kommt vor allem von außen (S). 

Mit einem solchen Gesamtbild lässt sich dann deutlich erkennen, an welchen Stellschrauben noch zu drehen ist, bevor das Modernisierungsprojekt praktisch angegangen werden sollte. Zum Beispiel steht hier die Frage klar im Raum, wie viel mehr an Zeit und Budget für das Projekt gebraucht würde. 

Außerdem lassen sich damit auch leichter Aufgaben auf die Projektteam-Mitglieder verteilen. Zum Beispiel: Wer ist gut darin, Gaps in Bezug auf Ressourcen zu kalkulieren? Wer könnte mit der Geschäftsführung sprechen? Wer hat einen guten Draht zur IT-Abteilung? Und wer ist generell gut in Kommunikation, um Ziele und Vorgehen mit der Belegschaft zu besprechen? 

Die sieben Themenfelder werden zusammengedacht – das ist eine Stärke des Modells. 

Tipps aus der Praxis im Changemanagement 

  • Nutzen Sie TROPICS als Check-in: Vor jedem großen Change-Projekt – und regelmäßig im Verlauf. Sind die Themenfelder einmal etabliert, lassen sie sich auch gut zur Fortschrittsbewertung nutzen. 
  • Binden Sie Ihr Team ein: Lassen Sie die Dimensionen gemeinsam bewerten. Das baut Hemmungen und Befürchtungen ab und stärkt die Akzeptanz für die Veränderung. 
  • Verknüpfen Sie TROPICS mit KI-gestützten Tools: Für objektivere Analysen und mehr Transparenz. 

Wie strukturieren Sie Veränderungsprozesse in Ihrem Unternehmen? Haben Sie TROPICS schon genutzt – und welche Erfahrungen haben Sie gemacht?  

Auswahl Kontakt

Marc Riedinger

Organisationsberatung und Coaching
2024 Marc Riedinger